„Wenn es krank ist, dann ist es besser zu erkennen“

Der Umgang mit dem Ultraschall: Der regelmäßig stattfindende Sonografiekurs für Studierende im Praktischen Jahr und Assistenzärztinnen und -ärzte bietet faszinierende Einblicke in den menschlichen Körper.
Ein leises Summen erfüllt den Raum, während das Ultraschallgerät zu arbeiten beginnt. Der junge Mann auf der Untersuchungsliege hält den Blick gespannt auf den Monitor gerichtet, während der Schallkopf sanft über seinen mit Gel beschmierten Bauch gleitet. Und plötzlich tauchen auf dem Bildschirm die eigenen Organe auf: Leber, Nieren, Blase, Darm, alles in feinen Graustufen sichtbar. Jeder Herzschlag, jede Bewegung wird in Echtzeit übertragen. Es ist ein spannender Einblick in das Innere des eigenen Körpers.
Dieses Erlebnis teilt der Student mit einem halben Dutzend Kommilitoninnen und Kommilitonen: Die umringen neugierig die Liege, beugen sich über den Monitor, verfolgen aufmerksam die Bilder und rätseln gemeinsam: Welches Organ ist das? Ist das eine normale Struktur? Wie würde eine mögliche Erkrankung aussehen?
Der Student, der sich an diesem Nachmittag nur zu gern als Untersuchungsobjekt zur Verfügung stellt, ist zum Glück kerngesund. Doch möchte er hier möglichst viel über ein bedeutsames Werkzeug der Inneren Medizin lernen. Genau wie alle anderen im Raum – Medizinstudierende im Praktischen Jahr (PJ), die am DGD Diakonie-Krankenhaus Wehrda einen der regelmäßig stattfindenden Sonografiekurse besuchen.
Durch Ultraschall, auch Sonografie oder Sonogramm genannt, wird über die Nutzung von Schallwellen ein bewegtes Bild des Körperinneren erzeugt. Dieses ist maßgeblich bei der Untersuchung von Organen, Muskeln, Gelenken oder Blutgefäßen sowie der Suche nach möglichen Erkrankungen und Veränderungen des Gewebes.
Reale Fälle aus dem Klinikalltag
Da braucht es ein scharfes Auge und viel Erfahrung: „Als Faustregel gilt: Wenn es krank ist, dann ist es besser zu erkennen“, wie Michel André Bott, Chefarzt der Inneren Medizin, erläutert. Doch wie sieht das im Ultraschall aus? Das wird anhand von realen, lehrreichen Fällen aus dem klinischen Alltag deutlich. Die werden eifrig in der Gruppe begutachtet – schon nach kurzer Zeit erkennen die Teilnehmenden Auffälligkeiten am Zwerchfell bei einem Patienten, der gestürzt ist. „Das deutet auf einen Hämatothorax hin“, bemerkt eine Teilnehmerin. Korrekt, es hat sich also Blut zwischen Lunge und Brustwand angesammelt, der Brustkorb wurde durch den Sturz verletzt. Bei einem weiteren Patienten wird mittels Ultraschall ein lebensgefährliches Pankreaskarzinom gefunden, ein bösartiger Tumor in der Bauchspeicheldrüse.

Die genaue Analyse der Ultraschallbilder ist eine Herausforderung für das ungeübte Auge: „Es ist nicht einfach, alles zuordnen zu können und das grau vom grau zu unterscheiden – man braucht viele Wiederholungen“, berichtet ein Student mit Blick auf die Grauabstufungen, die unterschiedliche Gewebe- und Strukturarten zeigen.
Großes Lob für das Engagement der Studierenden
In dem praxisnahen Kurs wenden die Studierenden ihr gelerntes Wissen aus der Uni an, diskutieren, vergleichen, lernen – und erleben hautnah, wie spannend und vielseitig die Sonografie als wichtiges bildgebendes Verfahren ist. „Es ist immer wieder beeindruckend zu sehen, wie schnell die Studierenden die Theorie in die Praxis umsetzen und mit großem Interesse an realen Fällen mitarbeiten. Die Sonografie ist ein unverzichtbares Werkzeug in der Inneren Medizin, und ich freue mich, unser Wissen an die nächste Generation weitergeben zu können“, sagt Chefarzt Bott zufrieden.
In dem dreitägigen, praxisorientierten Kurs „vom Normalbefund zur Pathologie“ erhalten angehende Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeit, an realen Fällen und am eigenen Körper die Welt der Ultraschalldiagnostik zu entdecken und ihre Kenntnisse entscheidend zu vertiefen. Eine wichtige Station auf ihrem weiteren Berufsweg. Schließlich werden im DGD Diakonie-Krankenhaus Wehrda – als Lehrkrankenhaus der Philipps-Universität – die Medizinerinnen und Mediziner von morgen geschult.
Der Ultraschall und das Gel
Nach einer intensiven Debatte und zahlreichen Diagnosen verschiedener faszinierender Fälle ist auch der falsche Patient entlassen und um viele praktische Erfahrungen reicher. Mit einem Grinsen wischt er sich das klebrige Gel vom Bauch, das wird er sicher nicht vermissen. Daraus ergibt sich aber ein interessanter Nebenaspekt: Warum benötigt man eigentlich das glitschige Gel für die Untersuchung? Dieses verhindert nicht nur Irritationen der Haut durch die Bewegungen des Schallkopfes, sondern dient vor allem als Übertragungshilfe für die Ultraschallwellen: Diese werden nur schlecht durch Luft übertragen, das Gel verdrängt die dünne Luftschicht zwischen Schallkopf und Haut und ermöglicht so eine Verbindung ins Körperinnere und zugleich eine bessere Bildqualität. Da lohnt es sich doch, das kalte Gel über sich ergehen zu lassen.
- Der Sonografiekurs für Studierende und Assistenzärztinnen und -ärzte wird mehrmals im Jahr angeboten. Weitere Informationen bei Chefarzt André Bott unter der Nummer +49 6421 808 113.